Nachweis HWS bei Verkehrsunfall
Zu den typischen Folgen eines Verkehrsunfalls mit höheren Differenzgeschwindigkeiten der unfallbeteiligten Fahrzeuge gehören Verletzungen der Halswirbelsäule. (Schlagwort: HWS-Distorsion).
Problematisch wird der Nachweis der Unfallbedingtheit solcher Verletzungen bei nur geringfügigen Geschwindigkeitsunterschieden. Die Grenze wird in Rechtsprechung und Literatur häufig bei einer Differenzgeschwindigkeit von nur 10 km/h angenommen. In diesem Zusammenhang interessant ist ein Urteil desOLG Düsseldorf vom 12.04.2011 ( 1 U 151/10 = NJW-Spezial 2011/331 ).
In dem Fall hatte das Gericht einen Sachverhalt zu beurteilen, in dem nach den unfallanalytischen Gutachten auf den Kläger nur eine Geschwindigkeitsänderung in einer Größenordnung von nicht mehr als 5 km/h eingewirkt hatte. Hier führte das Gericht aus, dass bei einer solchen geringen biomechanischen Belastung weitere Indizien hinzutreten müssten, um einen Rückschluss auf eine HWS-Distorsionsschädigung zuzulassen. Es fehle hier ein Vortrag des Klägers zu einer besonderen verletzungsanfälligkeit seiner Wirbelsäule durch z.B. Anomalien, degenerative Veränderungen u.ä.. Die im Attest des Klägerarztes aufgeführten Befunde, wie Druckschmerzhaftigkeit, Bewegungseinschränkung uws. seien Beeinträchtigungen, die sowohl unfallunabhängig als auch unfallabhängig sein könnten. Den Beweis der Unfallbedingheit könne der Kläger mit diesem Attest daher nicht führen.
Fazit: Bei Unfällen mit nur geringen Geschwindigkeitsveränderungseinwirkungen auf die Fahrzeuginsassen sollte besonders auf die Aussagekraft der ärztlichen Bescheinigungen geachtet werden. Soweit der Arzt sich nur in der Lage sieht, nicht objektivierbare Sympthome wie Muskelhartspann, Druckschmerzhaftigkeit und Schonhaltung zu attestieren, kann es im Bereich niedriger Geschwindigkeiten erhebliche Beweisprobleme geben. So weit möglich, sollten gerade in diesem Bereich ärztliche Aussagen dazu gemacht werden, warum die Wirbelsäule des Geschädigten besonders verletzungsanfällig ist, so dass es auch bei geringen Differenzgeschwindigkeiten zu einer HWS-Verletzung kommen konnte.