Ligenzugehörigkeitsklauseln im Lizenzspielervertrag eines Fußballers auf dem Prüfstand:
Der Fall: Der Kläger war seit Juli 2010 bei einem Verein der 2. Fußballbundesliga als Lizenzfußballspieler angestellt. Der Arbeitsvertrag war bis zum 30.06.2012 befristet und sollte nach einer dort enthaltenen Klausel nur Gültigkeit für die 1. und 2. Fußballbundesliga haben. Vereinbart war darüber hinaus ein außerordentliches Kündigungsrecht für den Verein und zwar für den Fall eines Abstieges aus der 2. Bundesliga.
Anfang Mai 2011 stand dann tatsächlich fest, dass der später verklagte Verein aus der 2. Bundesliga in die 3. Liga absteigen würde. Dementsprechend teilte der Verein seinem Spieler im Mai 2011 schriftlich mit, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der vertraglichen Ligenzugehörigkeitsvereinbarung zum 30.06.2011 ende. Mit zwei weiteren Schreiben vom Mai sowie September 2011 sprach der Verein wegen des Abstiegs weiterhin außerordentliche Kündigungen des Arbeitsverhältnisses aus. Gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhob der Spieler, der zwischenzeitlich eine Anstellung bei einem anderen Verein gefunden hatte, vor dem Arbeitsgericht Bielefeld Klage.
Die Entscheidungen: Das Arbeitsgericht Bielefeld ( 6 Ca 1043/11 ) gab der Klage des Spielers im Wesentlichen statt. Zunächst argumentierte das Gericht, dass die Vertragsklausel, die für den Fall des Abstiegs eine automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorsehe, unwirksam sei. Es handele sich um eine unzulässige auflösende Bedingung, die das Beschäftigungsrisiko dem Arbeitnehmer aufbürde. Zur Entkräftung dieses Arguments hatte der Verein argumentiert, dass der Spieler selber bei den über seinen Berater geführten Vertragsverhandlungen auf eine entsprechende Klausel gedrungen habe, weil er zumindest in der 2. Bundesliga hätte spielen wollen. Für diese Behauptung hatte der Verein den Spielerberater als Zeugen benannt. Diesen Beweisantritt lehnte das Arbeitsgericht Bielefeld aus prozessualen Gründen als verspätet ab.
Die beiden außerordentlichen Kündigungen sah das Arbeitsgericht Bielefeld als unwirksam an. Die Kündigung von September 2011 hatte der Verein an die inzwischen veraltete frühere Adresse des Spielers geschickt. Hier argumentierte das Gericht daher, dass diese Kündigung dem Spieler nicht wirksam zugegangen sei.
Im Hinblick auf das Kündigungsschreiben von Mai 2011 argumentierte das Gericht, dass es an einem wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung des befristeten Arbeitsverhältnisses gefehlt habe. Der Abstieg aus der 2. Bundesliga sei ein betriebsbedingter Grund und könne daher eine außerordentliche Kündigung nicht rechtfertigen.
Gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Bielefeld legte der Verein Berufung zum Landesarbeitsgericht Hamm ein, wo die Angelegenheit unter dem Geschäftszeichen 14 Sa 737/12 am 22. Januar 2013 verhandelt werden sollte. Zu der Verhandlung kam es jedoch nicht, weil sich die Parteien des Rechtsstreits 5 Tage vor der Verhandlung im Vergleichswege einigten.
Fazit für die Praxis: Klauseln im Lizenz- und Vertragsfußballbereich, die den Bestand des Arbeitsverhältnisses von einer bestimmten Ligenzugehörigkeit abhängig machen, sind in der Praxis durchaus üblich. Wäre es hier durch das Landesarbeitsgericht Hamm zu einer erneut positiven Entscheidung für den Spieler gekommen, hätten unzählige Arbeitspapiere bezüglich dieser Regelung auf dem Prüfstand gestanden. Nun ist es nicht zu einer solchen Grundsatzentscheidung gekommen. Trotzdem wird es bei der rechtlichen Beratung von Spielern zukünftig Sinn machen, im Bedarfsfall entsprechende vertragliche Regelungen kritisch zu betrachten.
Dem Arbeitsgericht Bielefeld dürfte zuzustimmen sein, dass in der Abrede, dass das Vertragsverhältnis bei Abstieg enden soll, als eine auflösende Bedingung im Sinne des § 158 II BGB zu sehen ist und nicht etwa als eine Zweckbefristung im Sinne des Teilzeit- und Befristungsgesetzes ( TzBfG ), wonach der Arbeitsvertrag gemäß § 15 II TzBfG mit der Zweckerreichung endet. Bei der Zweckbefristung steht die Erreichung eines konkreten Zwecks/Ziels im Fordergrund ( z.B. Projektverwirklichung ), während bei der auflösenden Bedingung nicht auf einen Zweck abgestellt wird, sondern auf einen Zeitpunkt, wobei nicht klar ist, ob und ggfs. wann dieser Eintritt ( hier Abstieg ).
Grundsätzlich ist auch für das Arbeitsrecht die Möglichkeit der Vereinbarung auflösender Bedingungen im Sinne des § 158 II BGB anerkannt. Unzulässig sind solche Bedingungen aber dann, wenn gegen zwingende Schutzbestimmungen zugunsten der Arbeitnehmer verstoßen wird, wie Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Heirat, Schwangerschaft, Krankheit, usw. ( vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, § 38, Rdnr. 39 ). Ob die hier streitige Klausel mit dem Argument der Aufbürdung des Beschäftigungsrisikos auf den Spieler wirklich als unzulässig anzusehen ist, darf bis auf weiteres ernsthaft diskutiert werden. Schließlich schützt sie auch den sportlich ambitionierten Spieler und könnte zusätzlich Schutzfunktion für den Spieler im Hinblick auf das Direktionsrecht des Vereins entfalten, wenn es um die gar nicht seltene Frage einer „Suspendierung/Versetzung“ in eine 2. Mannschaft geht, die in einer niedrigeren Liga spielt. Schließlich dürfte auch eine Rolle spielen, wenn der Spieler oder sein Berater selber auf der Vereinbarung einer solchen Klausel bestanden haben. Diese Frage ist schließlich vorliegend rein aus prozessualen Gründen nicht weiter thematisiert worden.
Ebenfalls in der Diskussion wird Mangels obergerichtlichen Urteils auch die Frage bleiben, in wie weit ein Abstieg als Grund für eine außerordentliche Kündigung Seitens des Vereins vereinbart werden kann.
Gemäß § 626 BGB ist ein wichtiger Grund erforderlich, aufgrund dessen dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Bei Auslegung dieser gesetzlichen Vorgabe hat die Rechtsprechung schwerpunktmäßig schuldhafte Arbeitsvertrags- und Pflichtverletzungen heraus gearbeitet, die gerade nicht mit einem Abstieg als reiner Verfehlung eines Betriebszieles vergleichbar sind. Da die Kündigungsgründe des § 626 BGB grundsätzlich nicht durch Einzelarbeitsvertrag erweitert oder als wichtige Gründe vereinbart werden können, da sonst wichtige Kündigungsschutzvorschriften umgangen werden könnten ( vgl. Palandt, BGB, Rdnr 2 zu § 626 ), spricht aus Sicht des Verfassers einiges dafür, dass das Arbeitsgericht Bielefeld zu Recht moniert hat, dass ein betriebsbedingter Grund unzulässig zu einem wichtigen Kündigungsgrund für den Verein gemacht werden sollte