Ein bemerkenswertes Urteil hat der BGH am 21.11.2024 unter dem Aktenzeichen VII ZR 39/24 gefällt.
Der Sachverhalt:
Der Kläger nutzte eine vom Beklagten betriebene Autowaschanlage und zwar eine so genannte Portalwaschanlage. Hierbei fährt der Kunde mit dem Fahrzeug in die Waschanlage ein. Zumindest eine Person muss von außerhalb des Fahrzeuges den Waschvorgang starten. Die Reinigungsbürsten bewegen sich dann selbständig um und über das Fahrzeug.
Im Eingangsbereich der Waschanlage befand sich ein Hinweisschild mit grob zusammengefasst folgendem Inhalt: „Die Haftung des Anlagenbetreibers entfällt insbesondere dann, wenn ein Schaden durch nicht ordnungsgemäß befestigte Fahrzeugteile oder nicht zur Serienausstattung des Fahrzeuges gehörende Fahrzeugteile ( z.B. Spoiler, Antenne, Zierleiste ) sowie dadurch verursachte Lackkratzer verursacht worden ist, außer den Waschanlagenbetreiber oder sein Personal trifft grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz. Achtung: Keine Haftung für Anbauteile und Heckspoiler!“
Der Kläger fuhr mit seinem Pkw Land Rover, Modell Range Rover Sport HSE, in die Waschanlage, welches serienmäßig am Ende des Fahrzeugdachs mit einem Heckspoiler ausgestattet ist. Der Heckspoiler wurde abgerissen und beschädigte das Heck des Fahrzeuges. Schaden in der Summe knapp 3.300,- €!
Ein Sachverständiger stellte später in den folgenden Prozessen fest, dass die Waschanlage konstruktionsbedingt nicht für den Pkw des Klägers geeignet war.
Der Instanzenzug:
Das Amtsgericht Ibbenbüren hat den Beklagten mit Urteil vom 20.12.2022 ( 3 C 268/21 ) zum Schadensersatz verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht Münster mit Urteil vom 14.02.2024 ( 1 S 4/23 ) die Klage dann abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger im Ergebnis erfolgreich Revision beim BGH eingelegt.
Die Begründung des BGH:
Bei einem Vertrag über die Reinigung eines Fahrzeuges handele es sich um einen Werkvertrag. Als Nebenpflicht aus diesem Vertrag ergebe sich die Schutzpflicht des Anlagenbetreibers das Fahrzeug des Kunden vor Beschädigungen beim Waschvorgang zu bewahren.
Wer also durch den Betrieb einer Waschanlage eine Gefahrenlage schaffe, sei verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern.
Komme es durch eine Schadensursache, die allein dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Betreibers zuzurechnen sei, zu einem Schaden, sei – widerleglich – von einer Pflichtverletzung des Anlagenbetreibers auszugehen. Folge dieser Annahme sei, dass der Schädiger sich über den Wortlaut des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB hinaus nicht nur hinsichtlich seines Verschuldens zu entlasten habe, sondern auch darlegen und ggfs. beweisen müsse, dass ihn keine Pflichtverletzung trifft.
Das Risiko, dass eine Autowaschanlage für ein marktgängiges Fahrzeug nicht geeignet sei, falle in den Obhuts- und Gefahrenbereich des Waschanlagenbetreibers. Der Kunde könne berechtigt darauf vertrauen, dass sein Fahrzeug so, wie es ist, also mit samt den serienmäßig außen angebrachten Teilen, unbeschädigt aus dem Waschvorgang hervor gehen werde. Es sei Aufgabe des Anlagenbetreibers, bestimmte Fahrzeugmodelle, die er für schadensanfällig halte, von der Benutzung seiner Anlage auszuschließen und dadurch das Risiko einer Beschädigung zu verringern. ( vgl. NJW, 2025, 435 ff ).
Fazit: Es ist nach diesem Urteil des BGH ist es Aufgabe des Waschanlagenbetreibers, zu prüfen, ob alle serienmäßig erstellten Fahrzeuge für seine Anlage geeignet sind und Fahrzeuge, wo diesbezüglich Zweifel bestehen, von der Nutzung deutlich sichtbar auszuschließen. Anderenfalls darf der Besitzer eines serienmäßigen Fahrzeuges davon ausgehen, dass die bereit gestellte Waschanlage auch für sein Fahrzeug geeignet ist.